Everything we do is music“, sagte John Cage, der unvergleichliche amerikanische Komponist, dessen 90.Geburtstag und 10.Todestag sich unlängst ereigneten. Everything we do is music. Das klingt zunächst wie eine Kampfansage an alle Fähigkeiten, Praktiken, Regeln und Gesetze, die zusammen das Wort „Musik“ ergeben sollen. Doch Cages radikaler Satz wäre damit unvollständig erfasst, ja missverstanden. Seiner Erkenntnis, die man, frei und schön altmodisch klingend, „All unser Tun ist Musik“ übersetzen könnte, kommen wir schon näher, wenn wir erfahren, dass es keine Stille gibt. Stille im Sinn von Nicht-Klang.
Wir erfahren das immer wieder: Selbst die Pause zwischen zwei tracks auf irgendeiner CD ist Klang: Nachhall des eben Gehörten oder Vorfreude auf das Kommende. Oder die Stille eines Parks, wenn man ihn von einer belebten Straße her betritt. Der Moment in der Früh, wenn wir einmal ausnahmsweise kurz vor dem Klingeln des Weckers aufwachen. Die majestätische, weit über der Baustelle ausschwingende Runde eines Kranes. Das Kreisen der eigenen Gedanken. Cage selbst ließ in seinen Werken immer wieder die Welt herein. Für seine Klaviermusik „Etudes Australes“ etwa legte er Sternenkarten auf einen Tisch, Seidenpapier darüber, und formte, in dem er nach verschiedenen Methoden die Himmelskörper als Notenköpfe abpauste, eine Partitur. Sein schönstes Werk aber, das wir alle jederzeit spielen können, ist 4’33“, aus dem Jahr 1952. „Tacet for any instrument“, schreibt Cage dazu. Also eine Musik für jedes beliebige Instrument, das schweigt. Wie wär’s, jetzt gleich? Hinsetzen, still sein, 4’33“.